Darmstadt

Der Anfang mit Lederbeize

1907 hatte Dr. Otto Röhm mit einem neuartigen Verfahren zum Beizen von Tierhäuten auf Enzymbasis die Lederherstellung modernisiert und zusammen mit seinem Partner Otto Haas das Unternehmen Röhm & Haas gegründet. Die wachsende Nachfrage nach ihrem Produkt OROPON® machte eine Betriebserweiterung notwendig, die am bisherigen Firmensitz im schwäbischen Esslingen allerdings nicht möglich war. Geeignete Räumlichkeiten fanden sich in Gestalt einer ehemaligen Rollladen- und Parkettfabrik in Darmstadt. Ausschlaggebend bei der Wahl des neuen Standortes waren mehrere Faktoren. Die vorhandenen Gebäude, ein Wohnhaus mit angebautem einstöckigem Fabrikbau samt Kesselhaus, Maschinenhaus und Lagerschuppen, konnten sofort genutzt werden. Bereits installiert waren eine elektrische Kraft- und Lichtanlage sowie Bahngleise mit Drehscheibe im Hof und Gleisanschluss an die Main-Neckar-Bahn. Darüber hinaus lag der Standort in räumlicher Nähe zu wichtigen Zentren der Lederherstellung wie Offenbach oder Weinheim. Das neue Fabrikgelände war mit rd. 5.800 qm deutlich größer als das alte und bot zudem die Möglichkeit für Erweiterungen. Am 1. April 1909 wurde der Kaufvertrag mit der Bank für Handel und Industrie abgeschlossen, der Kaufpreis betrug 135.000 Mark. Nachdem die bürokratischen Hürden genommen waren, wurde die Konzession zum Betrieb der Fabrik am 16. Juli 1909 erteilt und ab dem 22. Juli 1909 wurde der Firmensitz nach Darmstadt verlegt. Am 14. August 1909 erfolgte der Eintrag ins Handelsregister und schon Ende August konnte die Produktion anlaufen.

Röhm & Haas in Darmstadt, 1909

Das zweite Standbein

Das größere Platzangebot in Darmstadt erlaubte die Entwicklung neuer Produkte für die Leder-, Textil- und Waschmittelindustrie; ab 1919 wurden auch pharmazeutische Erzeugnisse hergestellt. Das zweite Standbein kam, als sich Dr. Otto Röhm ab 1911 der Kunststoff-Forschung zuwandte. Die ersten verkaufsfähigen Acrylpolymerisate entstanden 1928 und der große Wurf gelang 1933 mit der Erfindung von PLEXIGLAS®.

Ursprünglich zur zivilen Nutzung verwendet, wurde PLEXIGLAS® ab 1936 zum Rüstungsprodukt, insbesondere für die Verglasung von Kampfflugzeugen. Um den hohen Bedarf des Reiches erfüllen zu können, wurden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene eingesetzt. 1944 betrugt ihr Anteil an der Belegschaft 26 Prozent. Die Produktion lief auf Hochtouren bis zu den Luftangriffen im Jahr 1944, bei denen der Großteil des Werkes stark beschädigt wurde. Im Mai 1945 begann der Wiederaufbau und der einsetzende Aufschwung führte zu Produktionserweiterungen und der Entwicklung neuer Produkte wie den Öladditiven der Marke VISCOPLEX®, den Pharmapolymeren der Marke EUDRAGIT ®und dem Hartschaumstoff ROHACELL®.

Heute sind rd. 1.300 Menschen am Evonik-Standort Darmstadt mit Betriebsstätte Weiterstadt in den Divisions Nutrition & Care (Pharma Polymere), Specialty Additives (Öladditive), Smart Materials (ROHACELL®) und Technology & Infrastructure beschäftigt – zusammen mit rd. 130 Auszubildenden und Studierenden.