Der Apotheker
Otto Röhm, Chemiker und Unternehmer
Mitbegründer und langjähriger Mitbesitzer und Firmenleiter der Firma Röhm & Haas, deren Werke in Darmstadt, Worms und Weiterstadt wichtige Standorte von Evonik Industries sind.

Ursprünglich zum Apothekengehilfen ausgebildet, studierte Otto Röhm zunächst Pharmazie an den Universitäten in München und Tübingen. Als examinierter Apotheker schloss er ein Chemiestudium in Tübingen an, das er 1901 mit einer Dissertation über "Polymerisationsprodukte der Akrylsäure" erfolgreich beendete. Tätigkeiten beim Pharmaunternehmen Merck sowie als Chemiker beim Gaswerk Stuttgart folgten, wo Otto Röhm sich erstmals der Verarbeitung von Tierhäuten widmete, die er mit Gaswasser behandelte. Seine Forschungen mündeten in eine enzymatische Lederbeize, für die es in der Lederindustrie großen Bedarf gab. Zur Vermarktung dieser Pioniertat gründete er 1907 gemeinsam mit dem Kaufmann die Firma Röhm & Haas in Esslingen, die bald das neue Produkt OROPON® mit großem Erfolg auf den Markt brachte. Schon 1909 sah sich das junge Unternehmen zum Umzug nach Darmstadt veranlasst, wo ein größeres Werk in der Nähe zu den Lederfabriken im Rhein-Main-Gebiet errichtet wurde.
Otto Röhm war der erste Chemiker, der Enzyme isolierte und technisch verwertete. Damit revolutionierte er nicht nur überlieferte Verfahren mit Hundekot in der Lederindustrie, sondern auch ab 1914 das Wäschewaschen. 1920 führte Otto Röhm Enzyme in der Pharmazie und 1934 in der Lebensmittelindustrie ein, dort zunächst in der Fruchtsaftklärung.
Auch auf dem Kunststoffgebiet wurde Röhm zu einem Pionier. Er entwickelte eine große Anzahl Acrylat- und Methacrylatverbindungen. Die größte Erfindung gelang ihm und seinen Mitarbeitern 1933 mit PLEXIGLAS®.
Auf der Pariser Weltausstellung 1937 gab es dafür den Grand Prix und eine Goldmedaille. Röhm versuchte die chemischen Produkte vielseitig anzuwenden, und so wurden bereits zu seinen Lebzeiten die ersten Granulate, heute als PLEXIGLAS®-Formmassen bekannt, für Formteile verwendet, ferner Präparate für Zahnprothesen und Produkte für die Lack- und die Textilindustrie entwickelt und eingesetzt. Die von ihm erarbeitete chemische Basis besonders auf dem Gebiet der Methacrylatchemie ermöglichte Röhm & Haas ab den 1950er Jahren den Aufbau einer umfangreichen Produktpalette für breite Anwendungsbereiche.
Röhm wurde 1922 Ehrenbürger der TH Darmstadt. Er ist in über 70 Patenten als Erfinder oder Miterfinder genannt. Als er 1939 starb, beschäftigte das Unternehmen 1800 Mitarbeiter, der Umsatz betrug 22 Mio. Reichsmark. Seinen Namen führen Straßen an den Firmenstandorten Darmstadt, Weiterstadt und Worms sowie an seinem Geburtsort Öhringen.