Der Sozialpolitiker
Karl Goldschmidt, Unternehmer und Chemiker
Mit dem Namen Karl Goldschmidts verbindet sich in erster Linie der Aufstieg der recht unbedeutenden Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt zur weltbekannten und renommierten Th. Goldschmidt AG. Beim Tod des Vaters 1875 noch nicht volljährig, entschloss Karl sich, zunächst Chemie zu studieren, während das Unternehmen unter der Treuhänderschaft seines Schwagers stand. Erst 1882 übernahm Karl Goldschmidt, inzwischen frisch promovierter Chemiker, die Firmenleitung und behielt sie für rund 40 Jahre.
Zielbewusst trieb er den Ausbau der Fabrik voran, wobei ihm die Entwicklung und Verbesserung einer wirtschaftlichen und technisch ausgereiften Methode zur Entzinnung von Weißblechabfällen besonders am Herzen lag. Gemeinsam mit dem Chemiker Dr. Josef Weber gelangen ihm dabei bahnbrechende Entwicklungen, darunter 1905 die Einführung der Chlorentzinnung, durch die Goldschmidt zu einem kleinen, aber feinen Weltunternehmen wurde.
Mehr noch fühlte sich Karl Goldschmidt hingegen als Unternehmer und hier insbesondere als sozial denkender Patriarch. Zahlreiche soziale Innovationen gingen auf seine Initiative zurück, darunter die Gründung einer Pensions- und einer Betriebskrankenkasse, der Bau eines Erholungsheims für Mitarbeiter sowie fortschrittliche Urlaubsregelungen. Im Gegenzug erwartete er allerdings von den Mitarbeitern, dass sie sich von gewerkschaftlichen Aktivitäten und der Sozialdemokratie fernhielten.
Im Einvernehmen mit seinem Bruder Hans, der seit 1888 ebenfalls in der Firmenleitung saß, unternahm Karl Goldschmidt die notwendigen und einschneidenden Schritte zur Vergrößerung des Unternehmens. Dazu zählen unter anderem der Umzug von Berlin nach Essen 1889/90 – an den heutigen Evonik-Standort Essen/Goldschmidtstraße – und die Umwandlung der Chemischen Fabrik in eine Aktiengesellschaft 1911. Die Jahre ab 1916 standen hingegen unter einem ungünstigen Stern. Der Erste Weltkrieg und seine Folgen belasteten die Th. Goldschmidt AG stark, zwischen den Brüdern Karl und Hans entstand ein Zerwürfnis, das nie mehr beseitigt werden konnte. Zum Jahresende 1922 übergab Karl Goldschmidt schließlich die Unternehmensleitung an seinen ältesten Sohn Theo. Er selbst zog sich auf seinen Alterssitz Seeheim zurück, wo er 1926 starb.