Antwerpen
Rückkehr an alte Wirkungsstätte
Die Entwicklung des Standortes in Belgien in den 1970er Jahren ging rasant voran. Nach nur 18 Monaten Bauzeit ging am 3. April 1970 die erste Produktionsstätte der Degussa Antwerpen N.V. in Betrieb. Grund für die Ansiedlung eines großen neuen Produktionsstandortes außerhalb Deutschlands war die gestiegene Nachfrage nach den wichtigen Produkten Wasserstoffperoxid, einem Bleich- und Oxidationsmittel, dem Bleichmittel Natriumperborat und AEROSIL, das unter anderem die Eigenschaften von Lacken, Pasten, Pulvern und Farbstoffen optimiert.
Der Neustart im flämischen Hafen war zugleich eine Rückkehr an eine alte Wirkungsstätte. Bereits 1887 hatte die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt (seit 1980 Degussa AG und Vorgängerin des Geschäftsfelds Chemie von Evonik) gemeinsam mit der Frankfurter Metallgesellschaft AG die Usine de Désargentation S.A. in Hoboken bei Antwerpen gegründet. Dieses Joint Venture entsilberte und veredelte Bleierze aus der spanischen Stadt Mazaron. Infolge des Zweiten Weltkrieges wurde dieser Degussa-Standort zerstört.
Die neue Produktionsstätte mit einer Gesamtfläche von 110 Hektar entstand im Oktober 1968 auf einer künstlich trockengelegten Insel zwischen der Schelde und Antwerpen, dem zweitgrößten Industriehafen Europas. Mit Schlick wurde das Gelände um sechs bis neun Meter angehoben. Mit dem Standort Antwerpen rückte Degussa auch geografisch in den Mittelpunkt des Wettbewerbs. Mit Sitz von BASF, Bayer, Solvay, DOW und anderen Chemie- und Petrochemieunternehmen ist Antwerpen der wichtigste Chemiestandort Europas und nach Houston, Texas, der zweitgrößte der Welt.
Die Degussa trieb die Entwicklung weiterer Produkte am neuen Standort voran. Als die Degussa Antwerpen N.V. am 7. Oktober 1970 offiziell eröffnet wurde, waren bereits weitere Anlagen zur Herstellung von AEROSIL, Natriumperborat, Wasserstoffperoxid und Cyanurchlorid (ein Rohstoff, der unter anderem für Zwischenprodukte in der Kunststoffsynthese benötigt wird) in Betrieb.
Erweiterung des Standorts
In den folgenden Jahren wurden die Produktionsanlagen immer weiter ausgebaut und neue kamen hinzu. 1974 wurde das Produktionszentrum für Futtermittelzusatzstoffe in der Produktgruppe Methionin in Betrieb genommen; Ein Jahr später wurden die Produktionsanlagen für Siliciumtetrachlorid, einen Rohstoff zur Gewinnung von Kieselsäuren, und für Triazin (u.a. als Grundstoff für Pflanzenschutzmittel) in Betrieb genommen. Im selben Jahr wurde eine neue Flammrohranlage zur Herstellung von AEROSIL gebaut.
Im Juli 1976 begann die Degussa Antwerpen N.V. mit der Herstellung des Organosilans Si 69, einem wichtigen Additiv in der Gummiindustrie, das beispielsweise die Materialeigenschaften von Autoreifen und technischen Gummiartikeln optimiert.
Nach einer Planungs- und Bauzeit von weniger als einem Jahr wurde 19780die erste Anlage für Druckhydrierung in Betrieb genommen, die unter anderem 1,2,6 Hexantriol, einen geradkettigen Polyalkohol, der als Rohstoff für verschiedene Kunststoffe benötigt wird, produziert. 1982 folgte die Erweiterung der Produktionsstätten in Antwerpen mit dem Bau einer Nikotinsäureamid-Anlage, in der B3-Vitamine für die Humanmedizin und als Futtermittelzusatzstoff hergestellt werden. 1993 gründete die Degussa Antwerpen N.V. eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Unter allen in Antwerpen ansässigen Chemieunternehmen war dies eine einzigartige Initiative, die die globale Ausrichtung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unterstreicht.
Die Infrastruktur wurde 1995 in Antwerpen durch den Bau eines großen Treibstofflagers für Wasserstoffperoxid mit eigener Anlegestelle und Pipeline erheblich erweitert. 1996 wurde mit dem Bau einer weiteren Produktionsanlage für das Organosilan Si 69 begonnen, die im September desselben Jahres in Betrieb genommen wurde. Damit erhöhte die Degussa ihre Kapazitäten im Bereich Organosilane auf 12.000 Tonnen weltweit pro Jahr.
Ab dem Jahr 2000 wird der Standort durch den Ausbau bestehender und Bau neuer Anlagen immer weiter ausgebaut. Die Expansion spiegelt sich im Wachstum der Mitarbeiterzahlen wider. Der neue Standort nahm 1969/70 mit rund 400 Mitarbeitern den Betrieb auf. Im Jahr 2024 arbeiteten dort knapp 1.100 Mitarbeiter.
Antwerpen zählt zu den wichtigsten internationalen Niederlassungen von Evonik Industries.