Nobelpreisträger für Chemie
Friedrich Bergius, Chemiker
Im Jahr 1903 begann mit dem Studium in Breslau die steile Laufbahn eines der größten deutschen Chemikers des 20. Jahrhunderts. Nach der Promotion in Leipzig 1907 unternahm Friedrich Bergius zahlreiche Studienreisen unter anderem nach Berlin, Hannover und Karlsruhe, wo er mit Fritz Haber zusammentraf, und kam so zu seinem Habilitationsthema „Die Anwendung hoher Drucke bei chemischen Prozessen und eine Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle".
Das war 1912 ein vorausschauendes Thema, denn in der praktischen Umsetzung glaubte Bergius einen Weg gefunden zu haben, in Deutschland reichlich vorhandene Steinkohle unter hohem Druck "verflüssigen", also in Benzin umwandeln zu können. Damit hatte er zwar die Auswirkungen der einsetzenden Motorisierung des Autoverkehrs und der Luftfahrt richtig eingeschätzt, doch half dies dem jungen Privatdozenten in Hannover so lange nicht weiter, bis seinem Bahn brechenden Verfahren mittels aufwändiger Praxistests die Umsetzung ermöglicht wurde.
In dieser Situation wurde Karl Goldschmidt, auch dieser motorisierungsbegeistert und im festen Glauben, dass dem Benzin die Zukunft gehören würde, auf Bergius aufmerksam. Nach einigen Verhandlungen ging Bergius 1913 nach Essen (heute Werk Essen/Goldschmidtstraße von Evonik Industries), wurde dort Forschungsleiter in einem neuen, eigens erbauten Laboratorium und 1916 sogar stellvertretendes Vorstandsmitglied der Th. Goldschmidt AG. 1916 begannen groß angelegte Versuche im Werk Mannheim-Rheinau, um die Kohleverflüssigung unter dem Druck des Ersten Weltkrieges rasch zur Serienreife zu bringen.
Der Versuch, ohne langwierige Laborarbeiten gleich den Schritt in die Anwendung zu machen, schlug allerdings fehl. Bergius verbrauchte im Rahmen seiner Versuche nicht nur rund fünf Millionen Goldmark, sondern auch das Vertrauen seines Gönners Karl Goldschmidt, so dass 1919 das Arbeitsverhältnis schließlich gelöst wurde. Immerhin zog Goldschmidt später größeren Nutzen aus den von Bergius initiierten Forschungen in der Äthylenchemie, während der Forscher für seine Bahn brechende Idee 1931 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Die großtechnische Umsetzung der Kohleverflüssigung gelang erst in den 1920er Jahren dem kapitalkräftigen I.G. Farben-Konzern, zudem begünstigt durch massive Subventionierung des Kohlebenzins durch den nationalsozialistischen Staat.