Vorsitzender des Vorstandes der Degussa 1939 - 1959

Hermann Schlosser, Kaufmann

* 1889, Gießen
† 1979, Kronberg/Taunus

Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium in Gießen absolvierte Schlosser ab 1908 in Hamburg eine Kaufmannslehre bei der Firma Meyer & Soetbeer. 1910 erhielt er einen Vierjahresvertrag als Mitarbeiter der Firmenniederlassungen im damaligen Britisch-Indien, deren Leitung er 1912 übernahm. Im Sommer 1914 - Schlosser befand sich auf Urlaub in Deutschland - brach der Erste Weltkrieg aus. Er meldete sich freiwillig an die Front, wurde aber bald darauf verwundet und entlassen.

Eintritt in die Degussa

Im Februar 1915 nahm Schlosser eine Tätigkeit als Handlungsgehilfe bei der Deutschen Gold- und Silber-Scheide-Anstalt vormals Roessler (ab 1980 Degussa AG) in Frankfurt/Main auf. 1916 wurde er erneut eingezogen und kehrte erst nach Kriegsende ins Unternehmen zurück. Im Frühjahr 1919 wurde er für neun Monate in die Niederlande entsandt, von wo aus er das zusammengebrochene Auslandsgeschäft, insbesondere mit den USA, neu anknüpfen sollte. 1922 erfolgte seine Ernennung zum Prokuristen der Deutschen Gold- und Silber-Scheide-Anstalt und Leiter der Chemikalienabteilung. Im Jahr 1926 wurde er zum stellvertretenden und 1928 zum ordentlichen Vorstandsmitglied bestellt. Schlosser übernahm allmählich die kaufmännische Verantwortung für fast alle Arbeitsgebiete der Degussa, mit Ausnahme der Metallabteilung und jener Sparte, die für Produkte der Holzverkohlung zuständig war.

Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden

Im Oktober 1939 erfolgte Schlossers Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden der Degussa. In der Folgezeit widmete er sich vor allem der von seinem verstorbenen Vorgänger Ernst Busemann begonnenen Neuorganisation des Konzerns. Dazu gehörte auch weiterhin die Ausrichtung von Geschäftsfeldern auf die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik.

1933 hatte Schlosser einen Aufnahmeantrag für die NSDAP gestellt, der jedoch aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Freimaurern abgelehnt wurde. Als Vorstandsvorsitzender der Degussa wurde er "durch Gnadenerlass des Führers" 1939 in die Partei aufgenommen. Anfang 1943 übernahm Schlosser auf Drängen der Chemischen Industrie die Leitung und damit die Neuorganisation der Wirtschaftsgruppe Chemie.

Nachkriegsjahre

Im September 1945 verfügte die amerikanische Militärregierung, trotz Einspruchs des Gesamtbetriebsrates, die Entlassung Schlossers aufgrund dieser Tätigkeit sowie wegen seiner Parteimitgliedschaft. Das Spruchkammerverfahren 1947 stufte ihn als Minderbelasteten mit einer zweijährigen Bewährungszeit ein; dieses Urteil wurde später zu Gunsten Schlossers revidiert. 1949 wurde er erneut in den Vorstand gewählt, dessen Vorsitz er ein Jahr später bis zu seinem Ausscheiden 1959 innehatte. Hermann Schlosser setzte sich maßgeblich für den Wiederaufbau, die Modernisierung und Erweiterung der Degussa ein. Ebenso intensiv betrieb er das Neuentstehen des Verbandes der Chemischen Industrie, dessen Arbeit ihm am Herzen lag. Hermann Schlosser zählte zu jenen Unternehmern, die im Ausland erfolgreich für ein neues Vertrauen in die deutsche Wirtschaft warben.

Für seine Verdienst um die Bundesrepublik Deutschland wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet. Als Aufsichtsratsvorsitzender von 1959 bis 1965 und seit 1965 als Ehrenvorsitzender blieb er der Degussa AG bis zu seinem Tod verbunden.