Der Campus von Evonik Industries

Eine kurze Geschichte  

19. Jahrhundert bis 1893

Vor der Bebauung

Lange Zeit waren die Grundstücke südlich der Essener Innenstadt, die etwa auf dem heutigen Bahnhofsvorplatz endete, nahezu unbebaut geblieben. Außerhalb der Stadtmauer erstreckten sich Felder, auf denen die Ackerbürger der Stadt ihr Gemüse anbauten. Lediglich der städtische Friedhof befand sich ebenfalls dort, und zwar wo sich heute der Ruhrschnellweg auf Höhe des Bahnhofs im Tunnel befindet.

Dies änderte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als die wachsende Stadt sich immer mehr ausdehnte. Dem entstehenden „Südviertel“ kam dabei die Rolle zu, wichtige und repräsentative Bauten zu beherbergen, so etwa das Landratsamt des Kreises Essen oder aber die königliche Eisenbahndirektion.

1893 bis 1943

Syndikatsgebäude

Anfang 1893 war in Essen das Rheinisch Westfälische Kohlen-Syndikat (RWKS) gegründet worden, um dem ruinösen Preiskampf der Zechen untereinander ein Ende zu bereiten. Für diese bedeutende Einrichtung mit ihrem großen und wachsenden Raumbedarf wurde nunmehr ab Februar 1893 ein repräsentatives Verwaltungsgebäude im neuen Südviertel an der Berthastraße errichtet. Etwa dort stehen heute die Gebäude fünf bis acht des Evonik-Campus. Dieser Ursprungsbau des RWKS, der am 11. Mai 1894 eingeweiht werden konnte, wurde 1943 durch Bomben völlig zerstört.

Bereits 1905 war der Platzbedarf des RWKS derart gestiegen, dass das Ursprungsgebäude um einen Seitenflügel an der damaligen Syndikatstraße erweitert wurde, der darüber hinaus einen repräsentativen Sitzungssaal erhielt. Dieser Flügel, der sich etwa dort befand, wo heute die Campus-Gebäude eins bis vier stehen, wurde im zweiten Weltkrieg lediglich beschädigt.

1943 bis 1952

Zerstörung und Neubau

Schwere Zerstörungen brachten ab 1943 den Betrieb des RWKS beinahe zum Erliegen, 1945 erlosch das Syndikat und lebte nicht wieder auf. 1949 begann schließlich der Wiederaufbau des Flügels von 1905 und der Neubau einer langen Front gegenüber dem Hauptbahnhof, ziemlich genau dort, wo sich heute die Evonik-Gebäude fünf bis elf befinden. Dieses so genannte Ruhrkohlehaus wurde 1952 eingeweiht und beherbergte fortan diverse Gemeinschaftsorganisationen des Ruhrbergbaus. Es war baulich besonders sorgsam gestaltet und ausgeschmückt mit zahlreichen Bergbau-verbundenen Kunstwerke. Hingucker an der Fassade war eine von Prof. Josef Enseling gestaltete Plastik der Heiligen Barbara aus Muschelkalk. Diese Figur wurde beim Abbruch des Gebäudes geborgen und später im Innenhof des heutigen Campus neu angebracht.

1952 bis 1997

Ruhrkohlehaus

Das Ruhrkohlehaus wurde ab 1969 noch einmal erheblich aufgewertet, weil es seitdem auch der Sitz der Ruhrkohle AG war, also der Gemeinschaftsgesellschaft des Ruhrbergbaus, später abgekürzt RAG genannt. Es verfügte in den kommenden Jahrzehnten also nicht nur über eine erhebliche stadthistorische Bedeutung, sondern war auch wichtig für das wirtschaftliche Gefüge Essens. Gleichwohl hatte sich in den 1990er Jahren ein beträchtlicher Sanierungsstau ergeben, der in Verbindung mit der Neuausrichtung der RAG schließlich 1997 zum vollständigen Abbruch des Ruhrkohlehauses führen sollte. Das ehemals reine Bergbauunternehmen sah sich zwischenzeitlich mehr als Mischkonzern, für den das alte Gebäude mehr Belastung als Verpflichtung darstellte.

1997 bis 2007

Rellinghaus

Nach dem Abbruch errichtete die RAG in den Jahren 1997 bis 1999 einen vollständig neuen Gebäudekomplex, für den sich rasch, entweder nach dem Innenhof die Bezeichnung „Campus“ oder nach der Adresse, der Rellinghauser Straße 1, der Name „Rellinghaus“ einbürgerten. Naturstein und Glas verliehen dem von Walter Brune gestalteten Bau Leichtigkeit und Transparenz und hob sich deutlich vom backsteinroten Vorgängergebäude ab. Einzig die Barbara-Plastik verblieb als Reminiszenz an frühere Bergbauzeiten, nunmehr allerdings im als Parkanlage gestalteten Innenhof der Öffentlichkeit entzogen. Die übrige bergbaubezogene Kunst, vor allem Werke des Zeichners Hermann Kätelhön wurde hingegen nicht wieder aufgehängt. Die Moderne hielt Einzug in Form von zahlreichen Werken renommierter Künstler wie Josef Albers, Georg Baselitz, Emil Schumacher und Günther Uecker.

2007 bis zur Gegenwart

Evonik Industries

2007 wurde das Rellinghaus Sitz der Konzernverwaltung von Evonik Industries. Aus diesem Anlass wurde das höchste Gebäude, das Haus 11, mit einem riesigen Transparent verhüllt, das am 12. September schließlich den Blick auf den neuen Gesellschaftsnamen freigab. Seitdem befindet sich hier in stadtbildprägender Lage das Herzstück des Konzerns. Dieser nutzt allerdings nicht mehr alle Flächen selbst; insbesondere in den Gebäuden eins bis vier werden externe Mieter beherbergt.