Elisabeth Marczinowsky
Elisabeth Marczinowsky

Über die aus Königsberg stammende Elisabeth Marczinowsky, die Anfang 1907 ihre Arbeit als Sekretärin des Inhabers der Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt, Karl Goldschmidt, aufnahm, ist nur wenig überliefert. Aber sie war wohl typisch für ihre Epoche: gebildet, weitgereist und ledig.

Sie war erst die zweite Frau unter Hunderten von Männern am heutigen Standort Essen Goldschmidtstraße. Beharrlichkeit muss sie ausgezeichnet haben, denn im Gegensatz zu anderen Frauen blieb sie mindestens 15 Jahre und schrieb nach Karl Goldschmidt auch noch für dessen Sohn Theo.

Eigens für sie wurde eine neue Schreibmaschine des US-Amerikanischen Typs „Underwood No. 5“ angeschafft, damals das technische Nonplusultra auf dem Markt. Allein dies drückte schon eine große Wertschätzung für die Arbeit einer Frau in der Verwaltung aus.

Irene Martin, geb. Görtz
Irene Martin, geb. Görtz

Zusammen mit Mutter und Bruder, für deren Unterhalt sie sorgte, kam die Lübeckerin Irene Görtz nach Frankfurt. Dort trat sie am 1. Mai 1916 eine Stelle im Direktionssekretariat der Degussa an. Die kluge, junge Frau mit den hervorragenden Referenzen hatte auf einem unbefristeten Arbeitsvertrag bestanden. Daher gehörte sie zu den ganz wenigen Mitarbeiterinnen, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs weiterbeschäftigt wurden.

Tatkräftig trug Irene Görtz zum Aufbau der Patentabteilung bei. Auch nach ihrer Heirat im Jahr 1944 blieb sie der Patentabteilung treu und leitete dort ab 1953 den gesamten Bereich Warenzeichen.

Irene Martin gehörte nach 1945 dem Frankfurter Betriebsrat an und war unter anderem Mitglied des Hauptvorstandes Hessen der IG Chemie, Papier und Keramik. 1950 reiste sie zusammen mit weiteren Gewerkschafterinnen auf Einladung der amerikanischen Regierung für drei Monate durch die Industriegebiete der USA. Dabei knüpfte sie im Auftrag der Degussa auch alte Geschäftskontakte neu.

Als Irene Martin am 1. Januar 1962 pensioniert wurde, stellte man drei neue Mitarbeiterinnen ein, die sie noch bis in die späten 1960er Jahre in Urlaubs- oder Krankheitsfällen vertrat.

Thekla Gross
Thekla Gross

Die Tochter eines Kaufmanns absolvierte eine vollständige Ausbildung in der Krankenpflege und war sechs Jahre lang als freiwillige Helferin für das Deutsche Rote Kreuz tätig. Seit Juni 1940 arbeitete Thekla Gross im Pflegedienst der Wehrmacht, ihre Ernennung zur Schwesternhelferin erfolgte 1941. Beim Deutschen Roten Kreuz hatte sie zahlreiche Ämter inne und erhielt als Wachtführerin die „Auszeichnungsborte“ für fünfjährige „vorwurfsfreie“ Dienstzeit. 1942 wurde Thekla Gross mit der „Medaille für deutsche Volkspflege“ ausgezeichnet.

Ab 15. Februar 1943 arbeitete sie als Betriebssanitäterin bei Röhm & Haas. Schwester Thea, wie Thekla Gross genannt wurde, unterstand dem Werksarzt Dr. Hippler, der allerdings nur an einzelnen Tagen vor Ort war. So war sie die einzige Werksschwester für über 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Darmstadt. Sie arbeitete selbstständig, leistete Erste Hilfe bei Betriebsunfällen und führte ambulante Behandlungen durch. „Hier steht die richtige Frau am richtigen Platz“, schrieb die Hauszeitung „Arbeitskamerad“ in einem Artikel vom April 1944.

Am 30. November 1944 schied Schwester Thea aus, da sich ihr Arbeitsgebiet „durch Betriebseinschränkungen erheblich verkleinert [hatte]“. Die Gründe dafür waren vermutlich die Zerstörungen nach den Bombenangriffen 1944 und der darauf folgende Personalabbau.

Elfriede Bohl, geb. Rißland
Elfriede Bohl, geb. Rißland

Als sich die Mülheimerin Elfriede Rißland 1915 in der Nachbarstadt Essen bei der Th. Goldschmidt AG als Kontoristin bewarb, waren die Zeiten im Ersten Weltkrieg schlecht, aber günstig für Frauen, die beruflich etwas erreichen wollten. Eingestellt wurde Fräulein Rißland, da sie bereits fünf Jahre Berufserfahrung mit erstklassigen Zeugnissen vorweisen konnte.

Bereits 1916 wurde aus Fräulein Rißland dann durch Kriegstrauung Frau Bohl und in der Folge recht bald eine der unzähligen deutschen Kriegerwitwen. Elfriede Bohl, die kein zweites Mal heiratete, hatte anschließend als kaufmännische Angestellte eine ungewöhnlich lange berufliche Laufbahn, was wohl durch die Qualität ihrer Arbeit begünstigt wurde. In einer Beurteilung von 1950 wird sie als „sorgfältig, überlegt, verantwortungsfreudig und entschlossen“ bezeichnet; sie sei „nie zu spät“ und „hart gegen sich selbst“ gewesen.

Eine bemerkenswerte zweite Laufbahn beschritt Elfriede Bohl erst im Alter von 58 Jahren, als sie zur Betriebsrätin gewählt wurde – ein Beleg für das hohe Vertrauen, das ihr auch aus der Belegschaft offensichtlich entgegengebracht wurde. Drei Mal wurde sie wiedergewählt und erhielt dabei 1959 das zweitbeste Stimmenergebnis aller Angestelltenvertreter.

Elfriede Bohl ging nach über 46 Beschäftigungsjahren Ende 1960 mit einer stattlichen Firmenpension in den Ruhestand und starb erst nach dem Fall der Berliner Mauer hochbetagt in ihrer Heimatstadt.

Helene Dittmer
Helene Dittmer

Bevor Helene Dittmer ihre Tätigkeit bei der Degussa begann, war sie bereits als Wissenschaftlerin erfolgreich. Die staatlich geprüfte Chemotechnikerin arbeitete zwischen 1934 und 1945 am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Silikatforschung in Berlin. Dort erhielt sie 1937 den Auftrag, ein Verfahren zu entwickeln, um aus Altpapier Nitrocellulose für die Sprengstoffproduktion herzustellen. Aufbauend auf einem von Henkel entwickelten Verfahren gelang es ihr nach langen Experimenten mit einer selbstgebauten Apparatur, jene in der Cellulose noch enthaltenen Restkohlenstoffe, die Explosionen verursachten, herauszulösen. Zwar war die so gewonnene Zellulose nicht weiß, aber sie ließ sich ohne Probleme nitrieren.

Helene Dittmers Verfahren zur Flotation von Altpapier unterlag während des Krieges strengster Geheimhaltung, sodass sie kein Patent dafür anmelden konnte. Darüber hinaus gingen ihre Unterlagen bei der Evakuierung des KWI verloren. So gilt Helene Dittmer nur inoffiziell als Erfinderin der Papierflotation. Nach dem Krieg heiratete sie und arbeitete bis zu ihrer Pensionierung 1972 in der Analytik und als Ausbildungsleiterin für chemische Berufe bei der Degussa.

Frau Dittmer war eine imposante Persönlichkeit und bei den Auszubildenden hoch angesehen.

Anna Pinna Piras
Anna Pinna Piras

1998 gab es bei Röhm nur sechs ausgebildete Staplerfahrerinnen – angesichts von rund 1.000 Männern mit Staplerführerschein eine verschwindend kleine Zahl. Eine von ihnen war Anna Pinna Piras.

Ursprünglich hatte sie halbtags als Reinigungskraft in einem Betrieb des Werkes Darmstadt gearbeitet. Nach zehn Jahren wechselte sie 1996 nach Weiterstadt, um in der Produktion zu arbeiteten. Dort erkannte der Betriebsleiter ihr Potenzial: Als Frau Piras von der Halbtags- auf eine Ganztagsstelle umsteigen wollte, ermutigte er sie, diesen Schritt mit einer Zusatzqualifikation, dem Staplerführerschein, zu verbinden.

Es kostete sie viel Mut, sich für die Ausbildung anzumelden. Doch nach der bestandenen Prüfung konnte Frau Piras ihr Tätigkeitsfeld erweitern und höherqualifizierte Arbeiten übernehmen. Die Zusammenarbeit im Team verbesserte sich, weil jetzt alle drei Mitarbeiter an der Abfüllanlage die gleiche Qualifikation besaßen. Da alle Produkte mit Staplern bewegt wurden, profitierte der ganze Betrieb von der höheren Kompetenz der Kollegin.

Konzerngeschichte

Gesichter des Wandels