Der Seidenbeschwerer

Josef Weber, Chemiker

* 1863, Satteins b. Feldkirch (Vorarlberg, Österreich)
† 1944, Bochum

Zu Unrecht ist Dr. Josef Weber - der erste bedeutende Chemiker bei der Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt, der nicht der Familie Goldschmidt angehörte - nahezu in Vergessenheit geraten. Dabei hat eben dieser Dr. Weber das Unternehmen in einem Maße geprägt, wie niemand nach ihm.

Nach dem Studium der Chemie in Innsbruck und Genf sowie der dort 1890 erfolgreich abgeschlossenen Doktorarbeit startete Weber seine berufliche Laufbahn zunächst in einer Krefelder Seidenweberei, die jedoch nur zwei Jahre später in Konkurs ging. Anschließend wechselte er zur Chemischen Fabrik Th. Goldschmidt. Jahre später resümierte Karl Goldschmidt, dass er sich mit Weber, dem bereits ein brillanter Ruf vorauseilte, „das beste Stück aus der Konkursmasse gesichert habe.“ Aufgabe von Weber nach seinem Eintritt am 1. Juni 1892 sollte zunächst die Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von Chlorzinn sein, das in der Seidenindustrie dringend zur Beschwerung der hergestellten Stoffe benötigt wurde. Weber löste diese Herausforderung in enger Zusammenarbeit mit Karl Goldschmidt erfolgreich und trug dadurch maßgeblich dazu bei, aus der kleinen Chemischen Fabrik ein bedeutendes Unternehmen zu machen.

Karl Goldschmidt wusste, was er seinem besten Mann zu verdanken hatte: Nach Gründung der Th. Goldschmidt AG wurde Josef Weber im Juli 1911 Vorstandsmitglied und blieb dies bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden am 31. Juli 1930. Mehr als 50.000 Goldmark betrug dabei Mitte der 1920er Jahre sein jährliches Salär –womit er besser bezahlt war als alle weiteren Führungskräfte des Unternehmens.

Neben der Chlorentzinnung trieb Josef Weber zahlreiche weitere Entwicklungen voran, darunter ein Verfahren zur Herstellung von Zinnoxyd sowie die Produktion des Leimfilms, der ab den 1930er Jahren zu einem der erfolgreichsten Produkte der Th. Goldschmidt AG wurde. Sein aus diesen Erfolgen und der langjährigen Verbundenheit mit dem Unternehmen resultierendes Selbstvertrauen machte ihn zu einem der schärfsten Kritiker des neuen Kurses, den die Th. Goldschmidt AG zwischen 1914 und 1918 durch die Verpflichtung von Friedrich Bergius einzuschlagen begann.

Nach seinem Ausscheiden blieb Josef Weber dem Unternehmen noch mehrere Jahre durch einen Beratervertrag verbunden, bevor er an seinem 81. Geburtstag einem Herzleiden erlag.