Wenn Eisenbahnen (nahezu) lautlos dahin gleiten

Thermit®

Es fällt heute - im Zeitalter der Hochgeschwindigkeitsstrecken - schwer, sich vorzustellen, wie Eisenbahnschienen bis in das 20. Jahrhundert verlegt waren: Eine unendlich scheinende Zahl von sehr kurzen, maximal vier Meter langen Schienen, die mit Laschen verbunden wurden. Fuhren Züge darüber, ergab dies eine schnelle und nervtötende Abfolge von „tak-tak tak-tak“-Geräuschen. Zudem bargen die vielen Laschen auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko.

Erst das von Hans Goldschmidt entwickelte so genannte Thermit-Verfahren zum Verschweißen der Schienen löste diese Probleme nachhaltig, nämlich bis heute. Als Hans Goldschmidt 1893 daran ging, die Aluminothermie wissenschaftlich zu erforschen, hatte er allerdings etwas Anderes im Sinn. Ihm ging es um die Darstellung kohlefreier Metalle, wie etwa Chrom und Mangan unter Ausnutzung der thermischen Energie (3000°C) eines verbrennenden Metalloxyd-Aluminium-Gemisches. Eher nebenbei entdeckte er, dass sich auf diese Weise auch erstklassiger flüssiger Stahl in kleinen Mengen erzeugen ließ, der zur exakten Verschweißung zweier Metallenden – auch Schienen – verwendet werden konnte. Diese Thermit genannte Schweißmasse wurde erstmals 1899 für die Schweißung von Straßenbahnschienen in Essen verwendet. Mit durchschlagendem Erfolg, denn bis zum Ersten Weltkrieg etablierte sich das Thermit-Verfahren zum weltweit eingesetzten Standard-Schweißverfahren für Straßenbahnschienen. Die großen Eisenbahngesellschaften hingegen zierten sich bis gegen Ende der 1920er Jahre, bevor auch sie Thermit einsetzten, um ihre Gleise sicherer, komfortabler und auch schneller zu machen.

Die 1919 als Tochtergesellschaft derTh. Goldschmidt AG gegründete Elektro-Thermit GmbH wurde so über Jahrzehnte hinweg eine der tragenden Säulen des Geschäfts bei Goldschmidt, zumal das Thermit-Verfahren stetig weiterentwickelt und verbessert wurde.

Erst als sich Goldschmidt ab den 1970er Jahren mehr und mehr der organischen Spezialitätenchemie zuwandte, passte das Thermit-Geschäft nicht mehr so recht hinzu. Nachdem 1997 die VIAG AG Mehrheitseigner der Th. Goldschmidt AG geworden war, traf diese 1999 eine Vereinbarung mit der Familie Goldschmidt. Im Tausch gegen ihr nach wie vor stattliches Aktienpaket an der Th. Goldschmidt AG übertrug die VIAG der Familie die Elektro-Thermit GmbH. Diese operierte noch bis zum Herbst 2006 am Standort Essen, verlagerte aber dann die Produktion vollständig nach Halle/Saale. Das ehemalige Thermit-Produktionsgebäude am heutigen Evonik-Standort Essen/Goldschmidtstraße wurde daraufhin im Frühjahr 2007 abgebrochen