Der Sprung über den großen Teich

Degussa und Hüls in Mobile, Alabama

Degussa geht neue Wege

Als 1974 die ersten Bagger anrollten, um ein rund 160 Hektar großes Gelände nahe der Stadt Mobile in Alabama/USA für einen neuen Standort urbar zu machen, war die Degussa AG einmal mehr neue Wege gegangen. Denn anders als viele deutsche Chemieunternehmen war die Degussa entschlossen, sich nicht in das US-amerikanische Chemiegeschäft einzukaufen, sondern sich mit eigener Produktionsstätte und eigenen Technologien vor Ort dem Wettbewerb in Nordamerika und weltweit zu stellen. Am 26. November 1973 war dazu die Degussa Alabama Inc. gegründet worden. Die günstige infrastrukturelle Anbindung des Geländes am Golf von Mexiko hatte den Ausschlag für den Standort bei Mobile gegeben.

Produktion von Kernprodukten

Die Bauarbeiten wurden zügig in Angriff genommen. Schon wenige Monate nach der Unternehmensgründung entstanden 1974 in einer ersten Bauphase zwei Großanlagen zur Produktion der Kieselsäure AEROSIL und zur Herstellung von Methionin, das zur Produktgruppe der Futtermittelzusätze gehört. AEROSIL und Methionin, zwei Kernprodukte im Portfolio der Degussa, hatte das Unternehmen schon seit Mitte der 1960er Jahre erfolgreich in die USA exportiert. Ebenfalls noch im Jahr 1974 wurde eine Produktionsanlage für Siliciumtetrachlorid gebaut, das bei der Herstellung von Kieselsäure eingesetzt wird. 1978 liefen mit Abschluss der zweiten Ausbaustufe die Produktionsanlagen für Cyanurchlorid an, ein Rohstoff, der unter anderem für Zwischenprodukte bei der Kunststoffsynthese benötigt wird.

Mit der Verschmelzung der Vertriebsgesellschaft Degussa Inc., New York, und der Degussa Alabama Inc. zur Degussa Corporation hatte das Unternehmen ein Jahr zuvor, 1977, einen wichtigen Schritt zur Bündelung seiner Aktivitäten in Nordamerika vollzogen. Heute gehören alle diese Aktivitäten zu Evonik Industries, mit zahlreichen Standorten in den USA, Kanada und Mexiko. Daneben bestehen zahlreiche Joint Ventures mit verschiedenen Partnern. Das Werk Mobile in Alabama ist der größte Evonik-Standort in Nordamerika.

Dort standen auch in den 1980er Jahren die Zeichen auf Wachstum. Das Werk baute den Produktionsbetrieb kontinuierlich aus. Eine wichtige Entwicklungsstation war die Inbetriebnahme der Wasserstoffperoxidanlage. Wasserstoffperoxid wird in verschiedenen Konzentrationen aus Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen. Es kommt als Bleichmittel in der Papier-, Wasser-, und Holzverarbeitung sowie bei der Abwasser- und Abluftbereitung zum Einsatz.

Die Expansion der Degussa Corp. und des Standortes Mobile dokumentieren auch zwei wirtschaftliche Kennzahlen: 1988 arbeiteten erstmals über 1.000 Mitarbeiter für die Corporation, die im gleichen Jahr die Umsatzschallmauer von einer Mrd. US-Dollar durchbrechen konnte. Das Jahr 1989 markierte den Beginn einer neuen umfassenden Investitionsoffensive. Innerhalb von fünf Jahren flossen mehr als 500 Mio. US-Dollar in die gezielte Expansion der Degussa Corp. Investiert wurde in nahezu alle Produktionsbereiche von A wie AEROSIL bis X wie X 50-S, einem Silan, das in der Kautschukindustrie zur Verbesserung der Materialeigenschaften von Gummi Verwendung findet.

1995 betrat die Degussa Corp. erneut technisches Neuland. Als erstes Unternehmen weltweit transportierte man Wasserstoffperoxid per Schiff - eine technische und logistische Pionierleistung im Transportwesen. Von der neuen Verladestation in Alabama aus wird das flüssige Material seitdem über den Mississippi und weitere Wasserstraßen bis nach Lemont bei Chicago verschifft.

Das Hüls Werk Mobile

Als die Hüls AG im Jahr 1988 den Chemiebereich der Dynamit Nobel AG erwarb, erhielt sie damit auch eine Produktionsstätte für Silane. Die Vertretung von Dynamit Nobel AG in den USA, die Firma Kay Fries, hatte 1978 in Mobile Land erworben und drei Jahre später dort eine Silanproduktion aufgebaut für die Herstellung von DYNASIL und DYNASILAN. Dazu kamen noch organische Zwischenprodukte. Unmittelbar nach dem Übergang an die Hüls AG begannen die Planungen, eine Anlage für Isophoron-Folgeprodukte zu bauen. Die Grundsteinlegung dazu erfolgte 1990, danach wurde zunächst die Anlage für Silane erweitert. 1992 schließlich kamen die Folgeprodukte von Isophoron hinzu: Isophorondiamin und Isophoronnitril, die beispielsweise in Autolacken, Klebstoffen und verschiedenen Kunststoffen Verwendung finden. Zwei Jahre später wurde die Produktpalette um Trimethylhexamethylendiisocyanat ergänzt, darüber hinaus wurde die Anlage für Isophorondiamin erweitert.

Fusion der Standorte

Ein neues Kapitel in der Standortgeschichte begann 1999. Nach der Fusion der vormaligen Degussa AG mit der Hüls AG wurden auch die Werke beider Unternehmen am Standort Mobile miteinander verschmolzen. Als Symbol der neugewonnenen Einheit verknüpften Mitarbeiter die beiden Werksteile mit Bändern. Der Ausbau der Anlagen wurde auch danach fortgeführt, so kam im Jahr 2000 eine Anlage für Polyester mit niedrigem Molekulargewicht (DYNAPOL) hinzu.