Transparenz und Funktionalität für Technik und Design

PLEXIGLAS®

Das Dach des Münchner Olympiastadions aus PLEXIGLAS®, 1972

Die Anfänge von PLEXIGLAS® reichen bis in das Jahr 1901 zurück, als Dr. Otto Röhm „Ueber Polymerisationsprodukte der Akrylsäure“ promovierte und seitdem den Gedanken der kommerziellen Nutzbarmachung dieser Chemie verfolgte. Nachdem die junge Firma, die er mit seinem Freund Otto Haas zur Herstellung von enzymatischen Produkten 1907 gegründet hatte, ausreichend Gewinne für Forschungszwecke erwirtschaftete, stellte Röhm ein Forscherteam zusammen, das seit den 1910er Jahren an der Synthese und Polymerisation von Acryl- und später Methacrylsäure arbeitete. Das Team untersuchte systematisch die Bandbreite an Eigenschaften der Acrylkunststofffamilie und entwickelte mit LUGLAS, einem transparenten, kautschukähnlichen Material, ein Sicherheitsglas für Windschutzscheiben. Mit diesem Produkt begründete das Unternehmen Röhm & Haas seine Kunststoffsparte.

Nach der Marktetablierung von LUGLAS konzentrierten sich die Kunststoffforscher auf den Bereich der Methylmethacrylate. Hier gelangen Dr. Otto Röhm und Dr. Walter Bauer, dem Leiter des Forschungslabors, die wesentlichen Entwicklungsschritte auf dem Weg zu PLEXIGLAS®, das 1933 auf den Markt gebracht wurde. Damit schuf sich Röhm & Haas eine breite Produktpalette für vielfältige Anwendungen, zum Beispiel im Automobil- und Flugzeugbau, aber auch für Haushaltsartikel, Schmuck oder Musikinstrumente. Auf der Pariser Weltausstellung 1937 gab es für PLEXIGLAS® den Grand Prix und eine Goldmedaille.

Mit dem Interesse des NS-Regimes an PLEXIGLAS® trat dessen Bedeutung für Gebrauchsgegenstände des zivilen Lebens sehr bald in den Hintergrund. Der Kunststoff wurde nun vor allem in der Rüstungsindustrie zur Verglasung von Flugzeugkanzeln von Jagdflugzeugen und Bombern eingesetzt. Diese Nutzung führte zu einem rasanten Aufschwung von Röhm & Haas. Die Mitarbeiterzahl verzehnfachte sich. Um die Produktion aufrechterhalten zu können, griff das Unternehmen zunehmend auf Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen zurück. Außerdem wurde im Zuge der großen Nachfrage und unter Einflussnahme der nationalsozialistischen Regierung neue Produktionsstandorte in Mittenwalde bei Berlin und Worms am Rhein aufgebaut.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten für PLEXIGLAS® viele zivile Anwendungsgebiete erschlossen werden. Verwendung fand das Material fortan in der Lichtwerbung, bei Dachverglasungen und in der Fassadengestaltung. In den 1960er und 1970er Jahren kam die Nutzung im Sanitärbereich und in der Gewächshausverglasung hinzu, außerdem in unterschiedlichen Bereichen wie dem Möbelbau, der Kommunikationstechnik, dem Messebau oder der Optoelektronik. Neben Platten, Rohren und Stäben nahmen PLEXIGLAS® Formmassen als Ausgangsprodukt für alle Spritzgieß- und Extrusionsanwendungen einen zentralen Platz ein.

Das Unternehmen Röhm & Haas, ab 1971 nach dem Ausscheiden der Familie Haas zur Röhm GmbH umfirmiert, wurde 1989 ein Teil der Hüls AG und ging nach mehreren Fusionen in der Evonik Industries AG auf. 2019 wurde der Bereich der Methacrylat-Aktivitäten - und damit auch PLEXIGLAS® - ausgegliedert und firmiert seitdem als eigenständiges Unternehmen, für das der traditionsreiche Name Röhm GmbH gewählt wurde.